Draussen am Leuchtturm brüllt die See immer rauer
und es klabautert die Takelage einem Schlangennest gleich.
Die Flut hat schon längst ihren Höchststand erreicht
und das Meer frisst sich gierig durch die Gestaden der Küste,
selbst dort, wo eigentlich Ufer sein müsste
tun sich Wellen auf, hoch wie Jerusalems Mauern,
und branden in wilder, schaumiger Gischt.
„Lauft ein, ihr Narren, eh der Sturm euch erwischt
und eure Brigg im Schlund des Meeres versinkt.
Eilt euch, Matrosen, eh ihr alle ertrinkt!“
Doch die Segel hängen längst schon in Fetzen herab
der Mahlstrom zieht den Kahn in sein nasskaltes Grab,
und gerade als ihrer Wille sich zu behaupten erlischt
werden sie nahe der Kimmung einer Bewegung gewahr.
Durch die Abendluft flirrt der klamme Dunst von Gefahr
und der Abend färbt den Seegang mit schwelendem Rot.
Die See bricht über Deck wie der flüssige Tod,
nimmt so manchen Seemann mit sich über Bord
und reisst ihn in eiskalte Tiefen mit fort,
sowie das Klagen all jener, die man zum letzten Mal sah
geht blubbernd und gurgelnd dem Proteus entgegen.
Indes die Besatzung den Winden erlegen
nähert sich Achtern ein pechschwarzes Schiff
und ankert gar lautlos nah` des teuflischen Riffs.
Und von des Tagende blutroter Tränen beweint
die Gestalt eines Mädchens an der Reling erscheint.
Ihrer Augen leerer Höhlen funkeln boshaft im Regen,
die fahlen Lippen geöffnet, durch ihre Zähne quillt Blut.
Gedeihen tut auf ihr nur Pest und Skorbut,
und alles, was unter dem Deck sich befindet
sich mit fauligem Tauwerk und Leichentuch windet.
Der Rauch ihrer Lungen steigt in den Himmel empor,
Sankt-Elms-Feuer züngeln hinter dem Krähennest vor
und zittern und zucken in infernalischer Wut.
Ein Riss furcht das finstre Firmament entzwei,
unter Blitzen und Donner ihr entfesselter Schrei,
ein Horn wird geblasen und die Segel gesetzt,
Pa Sithe hat eingeholt und toten Beifang im Netz.
Die Zeit wird kommen um die Ertrunkenen zu trauern
und der Versunkenen Nachkommenschaft zu bedauern,
denn wer nicht tiefer geht als ein Senklot aus Blei
der reiht sich in ihre Besatzung mit ein.
(von Tom Rothbucher, 11.09.2015)